Auf den Kopf gestellt

Die Aufgabenstellung an den Klein-Winternheimer Automatisierungsspezialisten IMSTec ist anspruchsvoll: Auf einer vollautomatisierten Anlage sollen hochpräzise Nadeln hergestellt werden, die später in Single-Use-Applikatoren für die Medizintechnik zum Einsatz kommen. Für die nötige Genauigkeit der eingesetzten Roboter sorgen das Roboterkalibriertool iMS von ITG und ein HEIDENHAIN-Tastsystem TS 150.

Das saust eigentlich hängend in der Spindel einer Werkzeugmaschine mit bis zu 3.000 mm/min Antastgeschwindigkeit durch den Maschinenraum einer Werkzeugmaschine. Die findigen Köpfe bei ITG Innovative Technologies kehren dieses Prinzip aber vollständig um und setzen das Tastsystem fest platziert und aufrechtstehend ein, um Roboter in hochgenauen Applikationen einzumessen.

„Durch die Routinen zur Vermessung, die wir mit dem iMS-System und dem HEIDENHAIN-Taster aufbauen konnten, realisieren wir Fügeprozesse zwischen 20 µm und 50 µm – je nach erreichbarer Wiederholgenauigkeit des Roboters.“

 Carsten Prokopp, Software-Entwickler bei IMSTec

Die Aufgabe

Der Arbeitsprozess für die Herstellung der Nadeln ist schnell umrissen: Angelieferte Kanülen werden in einer Spritzgießvorrichtung an ihrem Ende mit einem Kunststoff umspritzt und so zu Nadeln veredelt. An den Spritzgießvorgang schließt sich noch eine umfassende Reinigungs- und Prüfroutine an, die sicherstellt, dass die Nadeln die hohen Anforderungen an Sauberkeit und Funktionalität in der späteren Medizinanwendung erfüllen.

Das Produkt
Die Anwendung

Die Herausforderung

Besonderheit dieser Anwendung ist das Handling der winzigen Kanülen und Nadeln. Ihr Innendurchmesser reicht hinab bis 0,3 mm. Außerdem verfügen die filigranen Teile schon über eine angeschliffene Spitze, die keinesfalls beschädigt werden darf und exakt positioniert werden muss. Denn die Orientierung des Anschliffs muss mit der vorgesehenen Orientierung des Applikators übereinstimmen, um später eine sichere Anwendung des Applikators und die exakte Verabreichung des Medikaments zu gewährleisten.

Die Lösung

Damit die eingesetzten Roboter die kleinen Teile genau fassen und auch wieder ablegen können, setzt IMSTec auf das iMS-System von ITG. Es besteht aus einer Elektronik inklusive Kalibriersoftware für jeden Roboter sowie einer Tastsystemeinheit, die für die Einmessvorgänge wechselweise in entsprechend vorbereitete Aufnahmen in der Reichweite jedes einzelnen Roboters montiert werden kann.

Abgestimmtes System
Der Einmessvorgang

Der Einmessvorgang ist dann denkbar einfach: Der Roboter greift einen definierten Teachkörper und führt diesen an das Tastsystem heran. Die Steuerung des Einmessens erfolgt automatisch über die Kalibriersoftware, der Bediener der Anlage benötigt keinerlei Robotik-Knowhow dafür. Aus den ermittelten Werten und den Konstruktionsdaten des Teachkörpers lässt sich nun exakt der Tool Center Point des Greifers ermitteln.

„Wir können jetzt auch Anlagen kalibrieren, bei denen Greifer oder Stationen für ein Einmessen schwer zugänglich sind.“

 Carsten Prokopp, Software-Entwickler bei IMSTec

Die zweite Anwendung

Natürlich reicht es nicht aus, dass der Roboter sich hochgenau bewegt. Auch die Entnahme- oder Übergabestationen für die Nadeln müssen exakt eingemessen sein. Und so kommt das Tastsystem TS 150 von HEIDENHAIN in beinahe gewohnter Art zum Einsatz: Über eine spezielle Aufnahme wird es am Roboterarm befestigt und misst so die Trays ein, auf denen die Nadeln während des Fertigungsprozesses und nach ihrer Fertigstellung abgelegt werden.

Genauigkeit im Fokus
Zuverlässig genau

Die Vorteile

Von der höheren Genauigkeit der Roboter profitiert nicht nur der Kunde der Anlage zur Nadelfertigung. Auch für IMSTec selbst bietet die ITG-Lösung mit dem HEIDENHAIN TS 150 schon im Aufbau der Anlage zahlreiche Vorteile. Denn das taktile System arbeitet überall problemlos, wo der Roboter es erreichen kann – auch in versteckten Winkeln. Das erleichtert die Konstruktion der Anlagen. Außerdem nutzt IMSTec das Einmessen immer wieder während der Bauphase der Anlagen, z. B. bei Änderungen an der Konstruktion der Werkstückträger. Entscheidend ist aber das initiale Einmessen nach dem Aufstellen der Fertigungseinheit beim Kunden. Denn dann kommt es schließlich darauf an, die geforderte Genauigkeit in der Serienfertigung von mehreren Millionen Nadeln pro Jahr zu erreichen.

„Die Flexibilität des iMS Messsystems und die taktile Messung mit dem HEIDENHAIN Tastsystem bringen für Anlagenbauer und Anwender klare Vorteile: eine vollautomatische Kalibrierung der gesamten Roboterzelle für eine jederzeit reproduzierbare Genauigkeit, die mit optischen System nicht erreichbar ist.“

 Martin Loch, ITG Innovative Technologies GmbH

Im Betrieb

Der Kunde kann das Kalibriertool jederzeit selbst einsetzen. Das kann im Zuge einer turnusmäßigen Wartung sein oder wenn Abweichungen im laufenden Betrieb auftreten – was immer wieder der Fall sein kann, denn Hochpräzisionsgreifer reagieren sehr empfindlich auf kleinste Veränderungen oder nur geringe Berührungen. Da das Einmessen des Roboters vollautomatisch nach Starten der entsprechenden Routinen abläuft, kann er die ursprüngliche Genauigkeit der Anlage jederzeit ohne besonderes Experten-Knowhow wieder herstellen.

Kalibrierung im Griff

Über die Anlage

Die beschriebene Anlage zur Fertigung von Nadeln ist Teil einer integrierten Fertigungslinie für die Herstellung von Single-Use-Applikatoren in der Augenheilkunde. Für die Produktion der geforderten Stückzahlen verfügt die IMSTEC-Lösung über zwei identische Fertigungslinien.

Die zugeführten Kanülen werden in folgenden Schritten weiterbearbeitet:

01

Separieren in Vereinzelungsmagazinen

02

Positionieren über Ausdreheinheiten vor einem Sensor

03

Spritzgießen

04

Reinigen und Vermessen auf einem ersten Rundtakttisch

05

Reinigen und optisches Prüfen des Kanals mit mehreren Kameras auf einem zweiten Rundtakttisch

06

Drehen der Nadeln in die Senkrechte

07

Optisches Prüfen auf Geradheit, auf Beschädigungen der Nadelspitze und des Anschliffs sowie auf Verunreinigungen mit mehreren Kameras

08

Übergeben der Gutteile an eine weitere Anlage zu Weiterverarbeitung  

Über IMSTec

Nahe Mainz im rheinland-pfälzischen Klein-Winternheim ist das Unternehmen IMSTec GmbH ansässig. Als Sondermaschinenbauer hat es sich auf vollautomatisierte Fertigungslinien insbesondere für die Medizin- und die Pharmatechnik, aber auch für die Halbleiterindustrie spezialisiert. Beim Aufbau der Anlagen setzt IMSTec auf Roboterlösungen. Sie bieten das nötige Maß an Flexibilität für die besonderen Aufgabenstellungen und Herausforderungen der individuellen Projekte. Durch die Entwicklung von 3D-Modellen kann der Einsatz der Roboter schon in der Entwicklungs- und Konstruktionsphase detailgetreu vorbereitet werden.

PROJEKTKONTAKT

IMSTec GmbH
Auf dem Langloos 10
55270 Klein-Winternheim

+49 6136 99441 10
info@imstec.de
www.imstec.de

Über ITG

In Bayreuth widmet sich das Team der ITG Innovative Technologies GmbH der Optimierung von Produktionsanlagen mit Robotern. Neben umfassender Beratung und zahlreichen Dienstleistungen rund um die Robotik gehört das intelligente Messsystem iMS für die vollautomatische Diagnose und selbstständige Kalibrierung der gesamten Roboterzelle zum Angebot des Unternehmens.

Über iMS

iMS ist ein Inline-Messsystem zum Einmessen von 6-Achs-Knickarm- und Scara-Robotern, verschiedenen Sonderkinematiken sowie externen Achsen. Zum Leistungsumfang gehören:

  • Analyse von Robotern inkl. Greifern, Optimierung per Knopfdruck ohne Fachwissen
  • Automatisches „Teachen“ der Roboterapplikation
  • Automatisiertes Prüfen und Korrigieren der Roboterkinematik, des Robotergreifers und der Peripherie der Roboterzelle nach Kollision, Verschleiß oder Robotertausch
  • Auswertungen für „Vorausschauende Wartung“
  • Exakte Lokalisierung von Fehlern im Arbeitsraum
PROJEKTKONTAKT

ITG Innovative Technologies GmbH
Spinnereistraße 5a
95445 Bayreuth

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